Prozessanalyse ist der Schlüssel zu einer effizienten Arbeitsumgebung. Überall im Unternehmen laufen Prozesse ab – Arbeitsschritte, die voneinander abhängig und miteinander verzahnt sind und die zu einem bestimmten Ergebnis führen, z. B. einer geschriebenen Rechnung. Mit schlanken, effizienten Prozessen steht und fällt der Unternehmenserfolg. In den meisten Betrieben gibt es an dieser Stelle viel Optimierungspotenzial: Prozesse sind häufig mangelhaft strukturiert, dokumentiert und standardisiert.
Es ist daher sinnvoll, die Prozesse im Unternehmen gründlich aufzuzeichnen, zu analysieren und zu optimieren. Als Erstes sollten die Schwachstellen betrachtet werden:
Durch Prozessanalyse Risiken diagnostizieren
- Compliance-Verstöße – Werden in Ihrer digitalen Buchführung die Richtlinien der GoBD eingehalten? Haben Sie interne Richtlinien, z. B. für die Prüfung und Freigabe von Eingangsrechnungen? Sammeln Sie alle für Ihre Branche und Ihren Bereich relevanten Rechtsvorschriften und Richtlinien und gleichen Sie die vorhandenen Abläufe dagegen ab. Gesetzesverstöße können empfindliche Strafen nach sich ziehen und es gilt der Grundsatz „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“. Wenn Sie z. B. eine Excel-Kasse führen und nachträglich feststellen, dass diese nicht GoBD-konform ist, weil sie nicht manipulationssicher ist, kann es schon zu spät sein.
- Redundanzen – Werden Aktivitäten doppelt erledigt, z. B. dieselben Daten in mehreren Systemen erfasst? Software-Silos, d. h. getrennte Systeme, die nicht miteinander integriert sind, haben oft solche Redundanzen zur Folge. Andere Gründe können eine mangelhafte Abstimmung zwischen Abteilungen oder Mängel in der Ablauforganisation sein.
- Risikomanagement und Internes Kontrollsystem – Kann in Ihrem Betrieb derselbe Bearbeiter Kreditorenkonten anlegen und Überweisungen freigeben? Hoffentlich nicht. Der Gesetzgeber verpflichtet Unternehmen dazu, ein internes Kontrollsystem (IKS) einzurichten und zu dokumentieren, um Schäden durch Untreue und Manipulationen einen Riegel vorzuschieben. Haben Sie schon einmal vom KonTraG gehört? Das „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich“ definiert den Rechtsrahmen für Corporate Governance in Deutschland.
- Ineffizienzen – In der an anderer Stelle beschriebenen Methode „Kaizen“ heißen sie „Verschwendung“: Dazu gehören erstens redundante, überflüssige Arbeiten und zweitens Abläufe, in denen Mitarbeiter zeitweilig zu Untätigkeit verurteilt sind. Hierzu mehr im folgenden Abschnitt „Bearbeitungszeiten und Liegezeiten“.
- Arbeitsunterbrechungen – Nach einer Unterbrechung dauert es im Schnitt 25 Minuten, in denen ein Mitarbeiter zwei andere Dinge erledigt, ehe er wieder zu seiner ursprünglichen Aufgabe zurückkehrt.
Unterbrechungen am Arbeitsplatz kosteten die US-amerikanische Wirtschaft 2005 588 Milliarden Dollar, hat das New Yorker Unternehmen Basex errechnet.
Arbeitsunterbrechungen kosten nicht nur Zeit und Geld, sondern auch die Gesundheit: Laut Stressreport 2012 müssen rund 44 Prozent der Befragten häufig ihre Arbeit unterbrechen. Etwa jeder Vierte fühlt sich davon belastet. Konzentrationsstörungen, vegetative und psychische Störungen bis hin zum Burn-out und Qualitätseinbußen bei den Arbeitsergebnissen können die Folge sein.
Bearbeitungszeiten und Liegezeiten
Die Prozessanalyse bringt es an den Tag: Oft ist die Netto-Bearbeitungszeit nur einen Bruchteil so lang wie die gesamte Durchlaufzeit. Man kann sagen: Durchlaufzeit minus Bearbeitungszeit gleich (potenziell einzusparende) Liegezeit.
Im Rahmen der Prozessanalyse ist daher zunächst zu klären:
- Wie lang dauert die Bearbeitung?
- Wie lang dauert die Durchlaufzeit?
- Wo entstehen die Liegezeiten?
- Kommt es durch die Liegezeiten zu Terminüberschreitungen und Problemen im Service Level?
Abgesehen davon, dass Liegezeiten immer ärgerlich (wenngleich nicht komplett zu vermeiden) sind, verursachen sie zusätzlichen Suchaufwand, Rückfragen, Arbeitsunterbrechungen (siehe oben) usw. Sie halten nicht nur die Person in Atem, bei der der Vorgang liegt, sondern teilweise noch eine Vielzahl weiterer Stakeholder: den nächsten Bearbeiter in der Kette, den Prozess-Owner, schlimmstenfalls auch den Kunden.
An allen diesen Stationen entsteht vermeidbarer zusätzlicher Aufwand, der das Betriebsergebnis drückt.
Unternehmen, die ihre Prozesse optimieren möchten, kann man nur zu einer durchgehenden Zeiterfassung raten – nicht nur der fakturierbaren Arbeitszeiten, sondern aller Arbeitszeiten. Nur so können Zeiträuber identifiziert und ausgemerzt werden. Es existieren Software-Lösungen, die Zeiten auf Knopfdruck an einem Projekt oder einer Aufgabe erfassen, in fakturierbar und nicht fakturierbar unterteilen, mit Stundenverrechnungssätzen multiplizieren und zu Kostendimensionen zuordnen. Dies erleichtert Ihre Prozessanalyse.
Durch Prozessanalyse Problemursachen erkennen
Ursachen für Probleme können sehr vielfältig sein. Die meisten Abteilungsleiter werden Ihnen sagen, dass sie zu wenig Personal und Budget haben. Mit mehr Geld und Leuten werde alles gut. Möglicherweise stimmt das auch, aber Geld ist kein Allheilmittel. Manchmal ist es sogar kontraproduktiv, denn die kreativsten Lösungen entstehen dort, wo nicht jedes Loch mit noch mehr Ressourceneinsatz gestopft wird. Außerdem: Beim vorherrschenden Fachkräftemangel kann es sein, dass benötigte Mitarbeiter gar nicht zu finden sind. Was tun?
Probleme können auch an ganz anderen Stellen verursacht werden:
- Zerklüftete Prozesse: Die Vorgänge sind zu stark segmentiert und über das Unternehmen verteilt. Kann man mehrere Schritte zusammenfassen? Das ermöglicht dem Bearbeiter zudem, mit der Reihenfolge der Schritte zu jonglieren – wenn hier noch ein Puzzlestein oder eine Information fehlt, kann dort schon einmal weitergearbeitet werden. Zudem wächst die Identifikation mit der Leistung und der Qualitätsanspruch, wenn ein Bearbeiter einen bedeutsamen Teil beisteuert.
- Unklare Abläufe: Was war nochmal der nächste Schritt? Wen kann ich fragen? Welche Regeln muss ich einhalten? Wenn Workflows Herrschaftswissen sind, das von alten Hasen eifersüchtig gehütet wird, läuft in Ihrem Unternehmen etwas schief. Workflows und Checklisten sollten selbst Neulingen und Zeitarbeitern die Abläufe schnell erschließen.
- Unklare Zuständigkeiten: Jede Tätigkeit, jede Aufgabe braucht einen Verantwortlichen, der sie vorantreibt und für das Ergebnis geradesteht. Wenn sich niemand so recht verantwortlich fühlt, bleibt die Aufgabe liegen und die anderen wissen nicht, an wen sie sich mit Rückfragen wenden sollen. Zuständigkeiten sollten konsistent verliehen werden. Sie sind ein großartiges Mittel, um Mitarbeiter mit Führungsverantwortung vertraut zu machen.
- Kommunikation und Information: Suchen, fragen, suchen, fragen…wie viel Zeit geht in Ihrem Unternehmen darüber hin? Wie wäre es, wenn Informationen transparent und Kommunikationswege kurz wären? Wenn Unterlagen und Wissen z. B. in einem Dokumentenmanagementsystem in der Cloud lägen statt nur in den Köpfen, Schubladen oder lokalen Dateisystemen von Eingeweihten? Wenn man einfach einen Suchbegriff eingeben müsste, um ein Dokument zu finden? Nur eine kurze Chat-Nachricht schreiben, um den Kollegen X zu erreichen? Kein Problem heutzutage, und sicherer als viele denken.
- Ungenutzte Talente: Braucht jemand doppelt so lang wie die anderen für eine Arbeit? Dann ist er vielleicht der falsche Mann am falschen Platz. Jeder Mitarbeiter sollte mit maximalem Gewinn für das Unternehmen eingesetzt werden. Das funktioniert nur, wenn Ihre Leute das tun, was sie am besten können. Dann bereitet die Arbeit Freude, die Leistungsbereitschaft und Bindung ans Unternehmen nimmt zu, der Krankenstand sinkt, die Leistung steigt. Durch Beobachtung und Mitarbeitergespräche können Sie herausfinden, wo die spezifischen Stärken Ihrer Mitarbeiter liegen.
- Übererfüllung: Wird all das, was Ihre Mitarbeiter tun und leisten, auch wirklich gebraucht? Viele Unternehmen liefern und leisten mehr und schneller, als der Kunde bestellt und bezahlt hat. Es lohnt sich manchmal, den Prozess vom Kunden bzw. Endergebnis her zu gestalten (Pull-Prinzip) statt vom Beginn der Leistungserbringung (Push-Prinzip). Das verhindert, dass am Bedarf vorbei produziert wird und erleichtert im günstigsten Fall eine Auftragserfüllung just-in-time.
Fazit
Fast jeder Unternehmensprozess kann optimiert werden. Doch zuerst müssen Unternehmen ihre Prozesse kennen und dokumentieren. Nach der Prozessanalyse werden Prozessrisiken und Ineffizienzen aufgedeckt, zum Beispiel: Wird Arbeit doppelt getan? Werden alle gesetzlichen Bestimmungen erfüllt? Sind die Bearbeitungszeiten akzeptabel?
Eine konsequente Zeiterfassung hilft, festzustellen, an welchen Stellen die wertvolle Ressource “menschliche Arbeitskraft” verschwendet wird. Anschließend kann überlegt werden, wie sich Arbeitsschritte besser strukturieren und entzerren lassen. Das entlastet die Mitarbeiter und beschleunigt die Abläufe.
Probleme in Prozessen können viele Ursachen haben. Häufig sind Missverständnisse, Kommunikationsdefizite und Datensilos mit verantwortlich, wenn es nicht “rund läuft”. Hier die richtigen Schlüsse zu ziehen ist eine wichtige Managementaufgabe.