Was ist Deep Learning?
Deep Learning ist eine Lerntechnik für Computer und somit eine Technik für Künstliche Intelligenz (KI). Die Grundlage dafür wurde bereits in den 1950er Jahren geschaffen. Damals entwickelten Informatiker sogenannte künstliche neuronale Netze. Diese ahmten in Computern die Funktionsweise von Neuronen des Gehirns nach und eigneten sich, Muster aufzuspüren und zu erkennen. Aber erst heute reichen die technischen Ressourcen aus, um maschinelles Lernen in der Praxis anzuwenden.
Wie funktioniert Deep Learning?
Die künstlichen neuronalen Netze werden in Ebenen angeordnet, die immer komplexere Merkmale erkennen können. Je mehr Ebenen (“hidden layers”) zwischen Eingabe- und Ausgabeschicht liegen, umso besser ist der Lernerfolg.
Einen Durchbruch erzielte der KI-Pionier und Stanford-Professor Andrew Ng als Leiter des Forschungslabors Google X Labs mit der Erschaffung von “Google Brain”: Er fütterte zehn Millionen YouTube-Bilder in ein Netzwerk aus tausend Computern und die Maschine lernte von selbst, menschliche Gesichter und Katzen zu erkennen.
Das Besondere an diesem Lernerfolg: Es handelt sich um unkontrolliertes Lernen, die schwierigste Form des maschinellen Lernens. Der Computer erhält keinerlei Zusatzinformationen wie etwa Namen oder Oberbegriffe.
Anwendungen von Deep Learning
Künstliche Intelligenz wird schon lange im Bereich der maschinellen Sprachverarbeitung angewendet. Linguisten gehören zu den Vorreitern der KI. Noch heute liegen viele Anwendungsbereiche in der Spracherkennung, Sprachproduktion und Interpretation von großen Datenmengen. IBM Watson etwa macht kognitive Systeme im Kundenservice, Gesundheitswesen und dem Finanzsektor marktfähig.
Spracherkennung
Chatbots funktionieren über Texteingabe und -ausgabe und sind technisch mit Volltextsuchmaschinen verwandt. Sie selbst fußen nicht im engeren Sinne auf der Nutzung von Künstlicher Intelligenz. Dennoch verwenden sie als textbasierte Dialogsysteme gerade im Kundenservice KI-basierte Spracherkennungstechnologien. Und diese digitalen Assistenten werden immer besser, weil sie mit jeder neuen Anfrage wieder automatisch dazulernen.
Das Spracherkennungsmodul Siri von iPhone beispielsweise verwendet Deep Learning-Methoden. Und Google senkte die Fehlerquote seiner Android-Spracherkennung durch Deep Learning auf einen Schlag um 25 Prozent. Auch der Google-Übersetzer wird durch KI immer zuverlässiger. Microsoft kann mittels KI Dialekte erkennen, Störgeräusche entfernen und sogar verbotene Inhalte aus Text- und Bildmaterial herausfiltern.
Bilderkennung
Die Bilderkennung war lange Zeit auf natürliche Intelligenz, das heißt auf menschliches Evaluationsvermögen angewiesen. Der technische Fortschritt hat die Bilderkennung erleichtert und teilweise bereits automatisiert.
Die traditionellen Verfahren der Erkennung und Verarbeitung von Bildern werden nun durch Deep Learning revolutioniert. Die Bildersuche bei Google+ verwendet schon jetzt diese Technologie. Auch Facebook nutzt das Verfahren für die Gesichtserkennung auf hochgeladenen Bildern.
Big Data-Analyse
Es ist kaum möglich, mit zu großen, zu komplexen oder zu schwach strukturierten Massendaten produktiv zu arbeiten. Dazu bedarf es eines steten Überblicks über die drei grundlegenden Datenebenen des volume (Größe/Volumen), der velocity (Generierungs- und Transfergeschwindigkeit) und der variety (Bandbreite der Datentypen). Deep Learning-Algorithmen können dabei helfen, indem sie in Big Data Muster erkennen und immens große Datenmengen in übersichtliche Kategorien einteilen können.
Innere Sicherheit
Eine wachsende Rolle spielt KI selbstverständlich auch bei der Terrorbekämpfung und in der inneren Sicherheit. Mit Precobs existiert eine Technik zur Kriminalitätsprognose (“Predictive Policing”). Sie verarbeitet polizeiliche Daten wie Täterprofile und Deliktschwerpunkte zu einer sogenannten Deliktprognose: Durch diese Auswertung jüngster Vergehen kann sie also musterbasiert Vorhersagen über künftige Straftaten bestimmter Kategorien in abgesteckten Bezirken treffen.
Medizin
Gerade die Medizin ist auf den technischen Fortschritt angewiesen. So kann die neue Technologie bereits Moleküldatenbanken durchforsten, DNA analysieren und schließlich den Weg für neue Medikamente ebnen. Gerade im Rahmen medizinischer Befunde kann sie sich als lebensrettend erweisen: Anhand von selbständig erkannten Mustern in Computertomografien oder Röntgenbildern können Krankheiten sehr früh erkannt und idealerweise die Diagnostik verbessert werden.
Industrie
Die futuristischen Fantasien unserer Kindertage sind gerade im Bereich der Industrie schon jetzt greifbare Wirklichkeit geworden. IoT-Anwendungen wie beispielsweise selbstfahrende Autos und sich selbst steuernde industrielle Prozesse sind heute alles andere als Science Fiction.
Wenn die KI nur mit genügend relevanten Daten gefüttert wird (mit bereits ‘bekannten’ Daten geht das auch offline), kann sie lernen, Prozesse zu durchschauen, zu optimieren und zu steuern. Ein Beispiel dafür liefern die Berliner Firmen micropsi und TwentyBN (Twenty Billion Neurons).
Machine Learning as a Service
Deep Learning versucht wie gesehen, das System des Maschinellen Lernens, des künstlichen Generierens von Wissen aus Erfahrung, in verschiedenen Bereichen zu optimieren. In der praktischen Anwendung finden sich nun auch Möglichkeiten, die Errungenschaften in die Dienstleistung zu integrieren. Amazon Web Services, Google Cloud Plattform, IBM BlueMix und Microsoft Azure sind momentan die Platzhirsche mit ihren Cloud-Plattformen und bieten dabei auch “Machine Learning-as-a-Service” an.
Was bringt Deep Learning für Ihr Unternehmen?
Prozess-Automatisierung
KI befeuert Automatisierungen im Kundenservice und in kaufmännischen Prozessen. Und da die kognitiven Systeme mit jedem Kundenkontakt und jedem Geschäftsvorfall hinzu lernen, können sie immer präziser auf Anforderungen reagieren.
Besonders die Hersteller prozessorientierter Software richten ihr Augenmerk auf KI. SAP investiert massiv in den Megatrend. Künstliche Intelligenzen können viele Entscheidungen rationaler, schneller und besser informiert treffen als Menschen. So können sie nicht nur die immergleichen Standardvorgänge automatisiert abarbeiten, sondern auch Abweichungen von der Norm bewältigen und im selben Zuge daraus lernen.
Digitale Assistenten
Die innovative Bonner Software-Schmiede Scopevisio arbeitet derzeit mit Hochdruck daran, ein KI-Modul in ihre Unternehmenssoftware zu integrieren. Der “Scoper” wird Fragen in natürlicher Sprache verstehen und beantworten können. Anwender kommen viel schneller und fokussierter als früher an Informationen. Weitere Anwendungen, die zum Beispiel die Prognosequalität in Forecasts erhöhen könnten, rücken in Reichweite.
CRM lernt, was Kunden wünschen
Marketing und Vertrieb müssen nicht mehr selbst Business-Regeln eingeben. Dieses Verfahren führte in der Vergangenheit zu einem unübersichtlichen Wust an Regeln.
Heute kommt ihnen Kollege Computer zur Hilfe. Selbstlernende Systeme können ab dem ersten Kontakt Daten über Kunden zusammentragen und Muster im Kunden- und Verkäuferverhalten erkennen. Sie können erkennen und vorhersagen, welche Aktivitäten zu welchem Zeitpunkt bei welchem Kunden erfolgversprechend sind. So helfen sie dem Mitarbeiter, zur richtigen Zeit das Richtige zu tun. Data Analytics nennt man das.
Computer lernt, Entscheidungen zu treffen
Bisher musste man dem Computer noch jeden Arbeitsschritt einzeln beibringen: So werden zum Beispiel Buchhaltungsprogramme mit Kontierungsregeln gefüttert, damit sie Vorfälle automatisiert verbuchen können. Kommt die Lastschrift von unserem Telekommunikationsanbieter? Dann wähle Buchungssatz X. Ist die Referenznummer ein Kreditor? Dann sprich folgende Konten an. Auf diese Weise funktioniert heute automatisierte Buchführung.
Lernfähige Computer dagegen benötigen diese Vorgaben nicht mehr. Sie analysieren die Buchungen der Vergangenheit und leiten daraus die korrekten Buchungen neuer Geschäftsvorfälle ab. Vielleicht werden Banken dieses Geschäftsfeld bald für sich entdecken und Geschäftskunden ihre Kontoauszüge mit fix und fertiger Finanzbuchhaltung zur Verfügung stellen.
Immer präzisere Vorhersagen
Computer mit künstlicher Intelligenz haben das Potenzial, aus ihrem “Erfahrungsschatz” Zukunftsprognosen abzuleiten. Auf dieser Fähigkeit basieren zurzeit etliche Startups. Der eine will Börsen-Crashs vorhersagen, der andere Versicherungsbetrug verhindern.
Andrew Ng “himself” kann mittels Künstlicher Intelligenz Festplatten-Abstürze vorhersagen.
Deep Learning-Algorithmen sagen anhand des früheren Kaufverhaltens vorher, wann ein Kunde das Bedürfnis haben wird, ein bestimmtes Produkt zu erwerben. Ein Hersteller, der im Besitz solcher Erkenntnisse ist, kann dem Kunden das Produkt zur rechten Zeit individuell anbieten. Und das sogar auf dem richtigen Kanal, denn nicht nur das Online-Kaufverhalten wird analysiert: Location-Daten helfen, auch Einkäufe im stationären Handel nachzuvollziehen.
Fazit
Heilsbringer oder Büchse der Pandora? Wird der Mensch durch KI entmündigt oder befreit? Vermutlich von jedem ein bisschen. In den nächsten Jahren werden die Weichen gestellt.
Deep Learning, als eine Methode des Maschinellen Lernens, hat in kurzer Zeit enorme Fortschritte gemacht. Kaufmännische Prozesse, Industrieproduktion, Sicherheit, Logistik, Finanzbranche, Marketing und Medizin – die Anwendungen sind Legion. Überall, wo Muster erkannt und Handlungen darauf abgestimmt werden, ist Künstliche Intelligenz zu Hause.
Experten sehen kognitive Systeme noch in den Kinderschuhen. Nun: Wenn das, was wir heute sehen, Kinderschuhe sind, dann darf man gespannt sein, welche Schuhgröße das Baby in ein paar Jahren haben wird.
Video: Sascha Foerster, Bonn.digital.