Geschäftsprozesse sind in Unternehmen allgegenwärtig. Allerdings ist nur eine geringe Zahl davon genau dokumentiert und eine verschwindende Minderheit existiert in digitalisierter Form in der Unternehmenssoftware. Business Process Management schafft hier Abhilfe.
Was ist BPM?
Business Process Management (BPM), zu Deutsch einfach „Prozessmanagement“, ist eine Disziplin, die vorhandene Prozesse im Unternehmen identifiziert, dokumentiert, optimiert und standardisiert. Es existieren softwaregestützte BPM-Tools, die Unternehmen dabei helfen, ihre Geschäftsprozesse zu managen.
Vorteile von BPM
Das verbessert die Qualität der Geschäftsprozesse und letztlich auch der Ergebnisse. Es erhöht die Produktivität, weil es Mitarbeiter entlastet. Bewährte Methoden sind nicht mehr individuelles Wissen, sondern werden zu Unternehmenswissen. Prozessdokumentation und Prozesskritik sorgen für kontinuierliche Verbesserung und gewährleisten die Einhaltung einschlägiger Bestimmungen.
So wird BPM tatsächlich bisher vor allem für die Dokumentation und Compliance von Geschäftsprozessen eingesetzt. Als Werkzeug zur Unternehmenssteuerung fristet es bisher noch ein Nischendasein. Schade eigentlich.
Strukturierte vs. unstrukturierte Prozesse
Der Fokus von BPM-Systemen lag bisher auf strukturierten Prozessen, wie z. B. dem Workflow für die Bearbeitung von Eingangsrechnungen. Diese stellen keine hohen Anforderungen an das Workflow Management, weil sie sich leicht analysieren und standardisieren lassen. Relativ weit fortgeschritten sind digitalisierte Workflows in der Versicherungs- und Finanzwirtschaft.
Situative und wissensbasierte Prozesse wurden dagegen bisher vernachlässigt. Dabei schätzen Analysten der Unternehmensberatung Gartner, dass im Jahr 2017 rund 70 Prozent der Prozesse in Unternehmen „instabil“ sein werden – dabei handelt es sich um wissensbasierte, situative Prozesse, die sich einer fundierten Analyse und Beschreibung noch entziehen.
Übergreifende Aufgabe
Prozessmanagement ist eine übergreifende Aufgabe, die alle Abteilungen einbinden sollte. Geschäftsprozesse betreffen die Vorgänge im Kundenkontakt ebenso wie im Innendienst, im Vertrieb und im Rechnungswesen. Prozesse können sich durch das gesamte Unternehmen ziehen, von der ersten Kundenansprache bis zur letzten Mahnung. Wichtig ist es, zu erkennen, wo Handlungsbedarf im Prozessmanagement besteht. Bestimmte Indikatoren können hierbei weiterhelfen.
Es ist natürlich ein überaus sportliches Unterfangen, den Hauptprozess durch das gesamte Unternehmen durch BPM abzubilden und zu digitalisieren. Glücklicherweise muss das nicht sein: Schon durch das Abbilden kleinerer Teilprozesse lassen sich deutliche Effizienzvorteile erzielen.
BPM-Integration kann komplex sein
Geschäftsprozesse machen nicht an Abteilungsmauern halt. Daher werden sie am besten integriert betrachtet und analysiert. CRM, ERP, Dokumentenmanagement, Abrechnung und Finanzbuchhaltung sind Kandidaten für eine BPM-Integration. Manches Projekt zur Einführung von BPM scheitert an dem hohen Integrationsaufwand. Zwar bieten BPM-Tools teilweise Schnittstellen für die Integration mit anderer Business-Software an, aber es kann problematisch werden, wenn das Unternehmen zu schnell zu viel umsetzen möchte. Die Empfehlung der Experten lautet daher, zunächst die einfacheren Prozesse abzubilden (vgl. IT-Mittelstand 11/2015).
ECM ist der Schlüssel
Das Dokumentenmanagement hat hier eine zentrale Stellung, da die meisten Geschäftsprozesse im Unternehmen dokumentenbasiert sind. Beispiele dafür sind:
- Eingangsrechnungsverarbeitung
- Vertragsmanagement
- Pipeline Management
- Standardisierte Back Office-Prozesse
SER-Geschäftsführer Manfred Zerwas plädiert dafür, Enterprise Content Management (ECM) und BPM auf einer serviceorientierten, einheitlichen Plattform zu vereinen. So wird eine integrierte Analyse und Betrachtung von Geschäftsprozessen ermöglicht.
Klingt alles sehr theoretisch
Doch wie kann das in der Praxis aussehen? Manche Software-Anbieter machen es vor: So ist z. B. in der Unternehmenssoftware von Scopevisio ein Eingangsrechnungs-Workflow verankert, der die Rechnungsbearbeitung rechts- und revisionssicher als Geschäftsprozess abbildet und zur Qualitäts- und Effizienzsteigerung dann auch noch teilweise automatisiert.
Die Schritte der formalen und sachlichen Prüfung, der Freigabe und der Buchung von Rechnungen sind dabei nach dem Vier-Augen-Prinzip sauber getrennt und mit den jeweiligen personellen Zuständigkeiten definiert. Dafür muss noch nicht einmal ein BPM-Tool integriert werden.
Prozesse direkt in der Software abbilden
Auch bei der Bearbeitung anderer Dokumente können im Dokumentenmanagementsystem bzw. ECM viele Prozesse abgebildet werden. In Scopevisio z. B. können Dokumente mit Aufgaben verknüpft, die Erledigung protokolliert und die Verantwortlichkeit für die Aufgaben weitergegeben werden. Am Dokument selbst können Kommentare hinterlegt werden. Gesteuert durch eine differenzierte Berechtigungsarchitektur lassen sich z. B. Due Diligence-Prozesse direkt im ECM abarbeiten, dokumentieren und protokollieren.
Flankierende Methoden
Im Zusammenhang mit BPM werden zwei Methoden häufig erwähnt: Die RACI-Matrix und der so genannte Demingkreis (plan-do-check-act). Die RACI-Matrix steht für Zuständigkeiten, plan-do-check-act für die iterative Abarbeitung und laufende Optimierung von Geschäftsprozessen.
RACI steht für
- Responsible – jemand hat die Durchführungsverantwortung
- Accountable – jemand hat die Kostenverantwortung bzw. ist rechenschaftspflichtig
- Consulted – jemand muss hinzugezogen / gehört werden
- Informed – jemand muss informiert werden
In einer RACI-Matrix wird ein Geschäftsprozess in Teilschritte untergliedert und diese Teilschritte werden mit den jeweiligen beteiligten Personen und zuständigen Bearbeitern verknüpft.
Plan-do-check-act
Der Demingkreis beschreibt eine iterative Methode für die Planung, Umsetzung, Prüfung und Optimierung von Geschäftsprozessen.
Wird dieses Verfahren im BPM eingesetzt, ist auch der Weg für eine kontinuierliche Verbesserung und Umsetzungsstärke im Unternehmen frei.
Alle an Bord?
Wie bei allen organisatorischen Änderungen ist es wichtig, dass das Prozessmanagement (BPM) den Mitarbeitern nicht von oben aufgezwungen wird, sondern sie rechtzeitig mit auf den Weg genommen werden.
Digitalisierung und Prozessoptimierung lassen manche Mitarbeiter um ihren Arbeitsplatz fürchten. Andere haben etwas gegen Veränderungen oder verstehen schlicht und einfach das Ziel der Veränderung nicht. Daher sollte die Geschäftsleitung behutsam vorgehen. Informationen und eventuell auch Schulungen sind notwendig, um die Akzeptanz der Endanwender zu erhöhen.
Mitarbeiter müssen den Nutzen der neuen Vorgehensweise verstehen. Wenn zunächst einfache, kleine Prozesse, wie z. B. die erwähnte Eingangsrechnungsverarbeitung, strukturiert werden, ist die Hürde nicht so groß.
Letztlich profitieren die Mitarbeiter von folgenden Nutzenaspekten:
- Entlastung von Routineaufgaben
- Mehr Sicherheit durch klare, vorgezeichnete Geschäftsprozesse
- Mehr Kompetenz
- Mehr Effizienz
- Mehr Rechtssicherheit
Zeit für die interessanten Dinge
Eine Entlastung und Beschleunigung bei Routineaufgaben führt letztlich dazu, dass mehr echte Wissensarbeit und weniger Langeweile in der Arbeitswelt Platz findet. Kein noch so ausgereiftes Tool kann der menschlichen Entscheidungskompetenz, Erfahrung und Urteilsfähigkeit auch nur ansatzweise nahe kommen.
Wer dies verstanden hat, wird den neuen Entwicklungen digitaler Prozessmodelle mit Neugier und Offenheit entgegensehen.