Die Verjährung ist in § 195 BGB geregelt. Sie gilt für die Verjährung von Forderungen unter Kaufleuten ebenso wie für Privatpersonen. Man spricht daher auch von der „regelmäßigen Verjährung“ oder Regelverjährungsfrist.
Was ist Verjährung?
Juristen definieren die Verjährung als „durch Zeitablauf begründetes Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners gegenüber seinem Gläubiger“. Das bedeutet: Der Schuldner hat das Recht, die Zahlung einer verjährten Forderung zu verweigern.
Doch der Anspruch des Gläubigers löst sich nach der Verjährung nicht in Luft auf, sondern er besteht weiter. Sie macht es dem Gläubiger lediglich schwer, seinen Anspruch durchzusetzen. Im Fachjargon: Die Verjährung ist „rechtshemmend“ aber nicht „rechtsvernichtend“.
Wenn der Schuldner eine verjährte Forderung seines Gläubigers nachträglich noch bezahlt, hat er anschließend nicht das Recht, seine Zahlung zurück zu verlangen.
Für welche Forderungen gilt die Verjährungsfrist?
Die regelmäßige Verjährung betrifft alle Forderungen aus Kauf-, Miet- und Werkverträgen. Sie gilt auch für andere „Ansprüche des täglichen Lebens“, darunter z. B. Schadenersatzforderungen.
Kann die Verjährungsfrist beeinflusst werden?
Ja, das ist möglich. Die Frist kann ausgesetzt (gehemmt) werden, von vorne beginnen oder durch vertragliche Regelungen geändert werden.
Hemmung der Verjährung
Wenn die Verjährungsfrist ausgesetzt wird, spricht man von „Hemmung“ der Verjährung (§203 ff BGB). Eine Mahnung reicht hierfür allerdings nicht aus. Sie müssen schon das gerichtliche Mahnverfahren einleiten.
Das bedeutet: Sie sollten rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist einen Mahnbescheid gegen den Schuldner beantragen und diesem zustellen. Üblicherweise wird damit ein Anwalt beauftragt. Folgende Ereignisse können den Lauf der Verjährungsfrist hemmen:
- Der Gläubiger eröffnet das gerichtliche Mahn- und Vollstreckungsverfahren gegen den Schuldner und stellt ihm rechtzeitig einen Mahnbescheid zu.
- Der Gläubiger klagt auf Leistung oder Feststellung eines Anspruchs.
- Der Gläubiger meldet seinen Anspruch im Insolvenzverfahren an.
- Gläubiger und Schuldner nehmen Verhandlungen über den Anspruch auf.
- Der Gläubiger reicht einen Antrag auf Prozesskostenhilfe ein.
Nach dem Ablauf des Ereignisses, das die Hemmung ausgelöst hat, läuft die Verjährungsfrist bis zu ihrem Ende weiter.
Neubeginn der Verjährung
Unter bestimmten Umständen (§ 212 BGB) beginnt die Verjährungsfrist von neuem:
- Der Schuldner leistet eine Teilzahlung, Zinszahlung oder Sicherheit auf die Forderung oder erkennt diese ausdrücklich an.
- Es wird eine gerichtliche Zwangsvollstreckung beantragt oder vorgenommen.
Vertragliche Regelung
Verjährungsregeln sind grundsätzlich „dispositives Recht“. Das bedeutet, dass sie durch einen Vertrag abgeändert oder ausgeschlossen werden können.
Es bestehen nur zwei Einschränkungen (§ 202 BGB):
- Ein Anspruch aus einer vorsätzlichen Pflichtverletzung kann nicht ausgeschlossen werden.
- Es kann keine Verjährungsfrist vereinbart werden, die länger als 30 Jahre dauert.
Gibt es noch andere Verjährungsfristen?
Abweichend von der Regelfrist gelten für bestimmte Fälle besondere Verjährungsfristen:
Frist | Bedingung |
30 Jahre |
Der Gläubiger hat einen vollstreckbaren Rechtstitel auf seine Forderung erlangt. Der Gläubiger hat Schadenersatzansprüche aus Fällen von vorsätzlicher Körperverletzung. Der Gläubiger hat familien- oder erbrechtliche Ansprüche. |
10 Jahre | Dies ist die regelmäßige Verjährungsfrist für Ansprüche aus Rechte an Grundstücken. |
5 Jahre | Innerhalb dieser Frist müssen Ansprüche aus Mängeln an Bauwerken geltend gemacht werden (§§ 634a und 438 BGB) |
2 Jahre | Diese Frist gilt für Ansprüche aus kauf- und werkvertraglichen Mängelrügen. Sie beginnt mit der Abnahme der Sache oder, bei Reisen, mit dem (geplanten) Ende der Reise. |
1 Jahr | Dies ist die Verjährungsfrist für Fracht- und Speditionskosten (§ 439 BGB). Sie beginnt ab Zustellung der Ware zu laufen. |
6 Monate | Diese Frist gilt für Ersatzansprüche eines Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache (§ 548 BGB). Sie beginnt, wenn der Vermieter den vermieteten Gegenstand zurück erhält. |
Gibt es auch Ansprüche, die überhaupt nicht verjähren?
Ja, es existieren auch unverjährbare Ansprüche. Diese sind im täglichen Geschäftsverkehr aber von untergeordneter Bedeutung. Unverjährbare Ansprüche sind im BGB in den §§ 194 II (familienrechtliches Verhältnis / Vaterschaftstest), 758 (Aufhebung der Gemeinschaft), 894- 898 BGB (Berichtigung des Grundbuchs), 902 (eingetragene Rechte), 924 (nachbarrechtliche Ansprüche) geregelt.
Unverjährbar sind auch Ansprüche, die im Zeitablauf ständig neu entstehen. Paradebeispiel ist der Mängelbeseitigungsanspruch im Mietverhältnis: Dieser besteht nicht nur einmal, sondern bei jedem neuen Mangel erneut.
Warum gibt es überhaupt Verjährungsfristen?
Verjährungsfristen dienen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Sie verhindern, dass sich Gerichte mit sehr alten Ansprüchen befassen müssen, bei denen die Beweislage häufig unklar ist. Sie dienen auch dem Schutz des Schuldners, da dieser die Beweislast trägt. Wenn nach vielen Jahren ein Gläubiger mit einem vermeintlichen Anspruch auf einen Schuldner zukommt, der vielleicht keine Beweismittel mehr hat um sich zu wehren, ist die Anspruchsgrundlage häufig nicht mehr eindeutig zu klären.
Die Rechtsprechung unterstellt, dass berechtigte Forderungen innerhalb einer zumutbaren Frist geltend gemacht werden.
Zusammenfassung
Im normalen Geschäftsverkehr verjähren Forderungen nach drei Jahren. Diese Frist beginnt mit Ende des Jahres, in dem eine Forderung entstanden ist, und endet mit Ablauf des dritten Folgejahres. Forderungen, die 2017 entstehen, verjähren am 31. Dezember 2020.
Wenn Sie es als Gläubiger nicht schaffen, in diesem Zeitraum Ihre Forderung beizutreiben oder sich durch ein gerichtliches Mahnverfahren einen vollstreckbaren Titel zu beschaffen, wird es für Sie schwierig, Ihren Anspruch nachträglich noch durchzusetzen. Eine außergerichtliche Mahnung hemmt die Verjährungsfrist nicht.
Schaffen Sie es, vom Schuldner zumindest einen Teilbetrag zu erhalten, beginnt die Verjährungsfrist von neuem.
Praxistipp
Fast alle Unternehmen verwenden heutzutage eine Buchhaltungssoftware, die taggenaue Debitorenlisten erstellen kann. Es gehört zur Sorgfaltspflicht jedes Unternehmers, seine Offenen Posten zu überprüfen und säumige Schuldner rechtzeitig zur Zahlung aufzufordern. Anfangs sollte man dabei mit etwas Fingerspitzengefühl vorgehen, denn nicht jeder Zahlungsverzug ist böse Absicht von Seiten des Schuldners. Auch möchte man sich seine Kunden nicht vergraulen.
Wenn der Kunde aber nach wiederholter Aufforderung immer noch nicht zahlt, ist es Zeit, die Glacéhandschuhe auszuziehen und die Angelegenheit einem Anwalt oder Inkassobüro zu übergeben.
Hinweis:
Schuldrecht ist ein komplexes und umfangreiches Thema. In diesem Artikel können wir lediglich einen groben Überblick geben, aber nicht in die Details der Materie einsteigen. Auch leisten wir keine Rechtsberatung. Weitergehende Fragen klären Sie am besten mit einem Rechtsanwalt oder Steuerberater.