10 Kriterien für den Investitionsabzugsbetrag

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Unternehmer und Freiberufler leisten gegenüber dem Finanzamt Steuervorauszahlungen, die dem geschätzten Jahresgewinn entsprechen. Nur ist diese Schätzung häufig ungenau. Und da man im Voraus nicht weiß, was das Jahr bringen wird, werden Prognosen oft bewusst niedrig angesetzt, um den finanziellen Spielraum nicht durch überhöhte Vorauszahlungen zu gefährden.

Steuernachzahlung senken



Liegt der Gewinn dann deutlich höher als vermutet, wird eine entsprechend hohe Steuernachzahlung fällig. Was tun, wenn die Rückstellungen dafür nicht ausreichen? Gibt es eine Möglichkeit, das Damoklesschwert der Steuernachzahlung abzuwenden, oder wenigstens zu entschärfen?

Investitionskosten antizipieren

Wer in den nächsten drei Jahren Investitionen plant, darf unter bestimmten Umständen schon im Voraus 40 Prozent der voraussichtlichen Investitionskosten als betriebliche Ausgaben von seinem Gewinn abziehen: Das ist der in § 7g EStG geregelte Investitionsabzugsbetrag.

Ein Beispiel: Bei einem angenommenen durchschnittlichen Steuersatz von 30 Prozent und einer geplanten Anschaffung in Höhe von 30.000 Euro (z. B. Firmenwagen) können 12.000 Euro vom Gewinn abgezogen werden und die Steuerlast verringert sich um 3.600 Euro.

Investition nachträglich „antizipieren“?

Ist das nicht ein Widerspruch? Nein, so der BFH in seinem Urteil vom 6.4.2016 XR 15/14. Entscheidend ist, dass der Unternehmer seine Investitionsabsicht nachweisen kann – für den Gewinnermittlungsstichtag und den Zeitraum der Investition.

Was sehr abstrakt klingt, wird an einem Beispiel klarer: Ein Taxiunternehmer hatte im Jahr 2011 den Antrag gestellt, den Investitionsabzugsbetrag für ein 2010 angeschafftes Fahrzeug nachträglich in seiner Bilanz für das Jahr 2008 geltend zu machen. Dies wurde ihm in zweiter Instanz vom BFH erlaubt.

Rechtsprechung zum Investitionsabzugsbetrag

Das Finanzgericht hatte zunächst bezweifelt, dass der Unternehmer schon 2008 die Absicht hatte, 2010 das Fahrzeug anzuschaffen.

Im Revisionsverfahren gab jedoch der BFH der Revision des Taxiunternehmers statt:

Investitionsabsicht ist entscheidend

Nach § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG in der Fassung des UntStRefG („neue Fassung“) sei die Investitionsabsicht ein „gesetzliches Tatbestandsmerkmal“ für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags. Entscheidend sei, dass der Antragsteller diese Absicht für den Gewinnermittlungsstichtag sowie den gesamten Investitionszeitraum glaubhaft machen kann.

In dem oben genannten Urteil wird weiter ausgeführt:

Der Zeitpunkt, zu dem der Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht wird, lässt für sich genommen im Allgemeinen keine Rückschlüsse auf das Vorliegen oder Fehlen der Investitionsabsicht zu.“

Das bedeutet, dass es unerheblich ist, ob der Investitionsabzugsbetrag nachträglich, d. h. nach der Anschaffung oder Herstellung des betreffenden Investitionsgegenstands, beantragt wird.

Ein Finanzierungszusammenhang sei darüber hinaus „nicht mehr zu fordern“, d. h. der Investitionsabzugsbetrag muss nicht mit der Finanzierung des Investitionsguts in Zusammenhang stehen. Die frühere Rechtsprechung nach §7b EStG hatte dies noch gefordert.

Im Klartext ist nach der neuen Rechtsprechung:

  • ein Finanzierungszusammenhang zwischen Investition und Investitionsabzugsbetrag unerheblich,
  • das Tätigen einer Investition bereits ein Indiz dafür, dass eine Investitionsabsicht bestanden hatte,
  • eine Investitionsabsicht (auch nachträglich) zu unterstellen, wenn sie mit einem Minimum an Plausibilität nachgewiesen werden kann.

Bedingungen und Fallstricke

Der Investitionsabzugsbetrag kann in Anspruch genommen werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  1. Es muss sich um eine Investition in die Anschaffung oder Herstellung von Gegenständen des beweglichen Anlagevermögens handeln, etwa Maschinen, Fahrzeuge und Büroeinrichtung. Immobilien oder zum Verkauf bestimmte Waren fallen nicht darunter.
  2. Die Investition muss glaubhaft gemacht werden, z. B. durch eine verbindliche Bestellung. Welche Möglichkeiten sonst noch bestehen, kann am besten der Steuerberater erklären.
  3. Das Investitionsobjekt muss in den folgenden drei Jahren nachweislich zu mindestens 90 Prozent betrieblich genutzt werden. Vorsicht ist geboten bei PKWs, die auch privat gefahren werden. Hier muss zwingend ein Fahrtenbuch geführt werden.
  4. Einnahmenüberschussrechner dürfen den Investitionsabzugsbetrag nur geltend machen, wenn ihr Jahresüberschuss 100.000 Euro nicht übersteigt.
  5. Bilanzierende Unternehmen dürfen dies nur tun, wenn sie nicht mehr als 235.000 Euro Betriebsvermögen ausweisen.
  6. Nach dem Steueränderungsgesetz 2015 müssen Investitionsabzugsbeträge und deren Auflösung dem Finanzamt elektronisch nach den amtlich vorgeschriebenen Datensätzen übermittelt werden (§ 7g Abs. 1 Nr. 2 EStG n.F.). Die Funktion der geplanten Investitionen muss nach dem neu gefassten § 7g EStG nicht mehr benannt werden.
  7. Kann der Unternehmer diese 90prozentige betriebliche Nutzung im Anschaffungsjahr und im Folgejahr nicht nachweisen, verlangt das Finanzamt nachträglich die komplette Steuernachzahlung – plus sechs Prozent Verzugszinsen.
  8. Die gleichen Folgen treten ein, wenn der Unternehmer die angekündigte Investition gar nicht tätigt.
  9. Ebenso verhält es sich, wenn er einen völlig anderen Gegenstand kauft als angekündigt.
  10. Liegen die tatsächlichen Investitionskosten niedriger als die prognostizierten, wird der Investitionsabzugsbetrag nachträglich neu berechnet, der Abzug teilweise rückgängig gemacht und eine teilweise Steuernachzahlung verlangt – wiederum plus sechs Prozent Zinsen.

In den auf das Abzugsjahr folgenden Jahren müssen Investitionsabzugsbeträge natürlich auch wieder aufgelöst werden, was sich wiederum erhöhend auf die Betriebseinnahmen auswirkt. Denn was heute bereits steuerwirksam gewinnmindernd abgezogen worden ist, kann morgen nicht mehr steuerwirksam verwendet werden.

Ein Tipp zum Schluss

Bevor Sie zur Tat schreiten, sprechen Sie mit dem Steuerberater. Denn falls Sie in kommenden Jahren eher mit steigenden Einnahmen rechnen, kann es unklug sein, den Investitionssteuerabzugsbetrag heute bereits geltend zu machen – zumal der Durchschnittssteuersatz mit dem Gewinn wächst. Auf das obige Beispiel bezogen bedeutet dies: Wüchse die durchschnittliche Steuerlast von 30 auf 40 Prozent, nähme die Steuerersparnis der Investition von 3.600 auf 4.800 Euro zu.

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Autor:in Dorothea Heymann-Reder
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